Wann wird ein Verfahrensbeistand berufsmäßig bestellt?
Das Gericht bestellt den Verfahrensbeistand zur Wahrnehmung der Interessen des minderjährigen Kindes gemäß § 158 Abs. 1 FamFG in Kindschaftssachen. Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn die Interessen des Kindes von denen der Eltern erheblich abweichen, die Trennung des Kindes von einer Person, die Herausgabe des Kindes oder die wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts erfolgen soll (§ 158 Abs. 3 FamFG).
Welche Aufgaben hat der Beistand?
„Der Verfahrensbeistand hat das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren“ (§ 158b Abs. 1 FamFG).
Der vom Gericht bestellte Verfahrensbeistand, „Der Anwalt des Kindes“, wie der Verfahrensbeistand auch genannt wird, unterstützt einerseits das Kind mit seinem Willen vollumfänglich, vorausgesetzt der Wille des Kindes ist zielorientiert, intensiv, stabil, autonom (Dettenborn 2017) und nicht gefährdend. Gleichwohl, ob der Wille des Kindes im Interesse der Eltern ist oder nicht.
Andererseits entscheidet der Verfahrensbeistand für das Kind unter anderem im Falle einer Gefährdung, Abgabe über die Entscheidung vom Kind an den Verfahrensbeistand, Unvermögen des Kindes eine Entscheidung zu treffen. In diesen Situationen ist der Verfahrensbeistand verpflichtend an den Nutzen der Entscheidung für das Kind und nicht der Eltern gebunden. Seine Entscheidungen basieren auf dem Bürgerlichen Gesetzbuch, dem achten Sozialgesetzbuch sowie weiteren Normen (UN-Kinderrechtskonvention, Kinderschutzbund). Seine Empfehlung teilt er dem Richter mit.
Im Rahmen der Bestellung informiert und unterstützt der Verfahrensbeistand das Kind über die Gründe und den Ablauf des Verfahren. Der Verfahrensbeistand berichtet gegenüber dem Richter und begleitet das Kind bei der Anhörung vor Gericht. Seine Arbeit endet mit der Besprechung des Beschlusses.
Der Verfahrensbeistand ist nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes (§ 158b Abs. 3 Satz 3 FamFG). Die Eltern bleiben gemäß § 1629 BGB gesetzlicher Vertreter. Allerdings vertritt der Verfahrensbeistand für die Dauer des Verfahrens die Interessen des Kindes. Genauer formuliert sind die Interessen der Wille des Kindes und das Wohl des Kindes.
„Das Gericht kann dem Verfahrensbeistand die Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken“ (§ 158b Abs. 2 FamFG).
Warum ist der Beistand so wichtig?
Kinder sind unser größtes Geschenk und benötigen unsere besondere Beachtung. Die UN-Kinderrechtskonvension berücksichtigt den Kindeswillen in Artikel 12. Insbesondere in Abs. 2 soll dem Kind „insbesondere Gelegenheit gegeben, in allen das Kind berührenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entweder unmittelbar oder durch einen Vertreter oder eine geeignete Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften gehört zu werden.“ Ein minderjähriges Kind ist meist noch nicht in der Lage seinen Willen und seine Bedürfnisse klar vor Gericht zu äußern. Die Wörter: Gericht und/oder Richter sind dem Kind meist im ersten Verfahren fremd. Die angespannte Situation zu Hause mit möglicherweise Geschwisterrivalitäten und streitenden Eltern erleben die Kinder vielfach als starke Belastung. Die Kinder können sich schuldig für den Streit der Erwachsenen fühlen. Sie können oder wollen sich nicht für ein Elternteil entscheiden. Vielfach werden sie nicht mehr wirklich beachtet. Die Situation wird oft von Hilflosigkeit und Unsicherheit dominiert. Daraus entsteht Angst.
Verfahrensbeistände beachten die Kinder und interessieren sich für ihren Willen und ihre Bedürfnisse. Sie hören den Kindern zu und nehmen sie wahr. Im besten Fall in Einzelgesprächen, entweder zu Hause oder an einem „gesicherten Raum". Die Kinder geben Einblick in die kindliche Lebenswelt. Sie zeigen sich als Person und der Verfahrensbeistand erfährt Ihre Vorstellungen zum Verfahrensgegenstand.
Was dürfen Sie von mir bei der erweiterten Bestellung erwarten?
Jede Familie ist einzigartig und hat ihre eigene individuelle Geschichte. Allerdings sind die „Herausforderungen“ der Familie meist vergleichbar. Daher ist es an der Stelle richtig wichtig aktiv zuzuhören, die richtigen Fragen zu stellen und sich die „Verständnisquittung“ abzuholen. Im weiteren Schritt können bei der erweiterten Bestellung wieder Gemeinsamkeiten aufgezeigt sowie ein Perspektivenwechsel ermöglicht werden. Der Perspektivenwechsel zeigt dem anderen Partner auf, was ihn bewegt, um besser zu verstehen. Ziel des Prozesses ist die Verantwortung der Entscheidung von den Kindern auf die Eltern zurück zu führen, bei den Elternteilen von der sachlichen auf die persönliche Ebene im Konflikt zu kommen und langfristige Lösungen zu schaffen. Die Langfristigkeit ist das Schlüsselwort, denn durch die gemeinsamen Kinder werden die Elternteile immer verbunden bleiben. Dabei verhalte ich mich parteilos zwischen den Elternteilen und fokussiert auf das Interesse des Kindes.
Was ist Ihr Mehrwert als Eltern?
Grundsätzlich ist immer erst einmal davon auszugehen, dass beide Elternteile nur das Beste für ihre Kinder möchten. Vor dem Hintergrund können Elternteile in einem intakten Miteinander gemeinsam ihre Informationen austauschen und Entscheidungen treffen. Oft sind nur wenige Informationen nötig und die Entscheidungen werden schnell „aus dem Bauch“ heraus getroffen. Die Eltern sind mit ihrer Entscheidung zufrieden. Fast schon klassisch ist hier beispielsweise die WhatsApp Kommunikation.
In einem konflikthaften Geschehen ist der Informationsaustausch eingeschränkt. Der Austausch zwischen den Elternteilen findet nicht mehr regelmäßig statt und/oder wurde ganz eingestellt. Die wenigen Informationen lösen Hilflosigkeit aus. Die Elternteile sind unsicher, in wie weit die wenigen Informationen noch vertrauensvoll sind. Hier entsteht der Wunsch nach mehr Informationen. Die Entscheidungsfindung, wenn überhaupt noch möglich, wird durch das konflikthafte Geschehen als Belastungssituation empfunden und löst Unzufriedenheit aus.
An dieser Stelle soll der Verfahrensbeistand und die Mediation als Mehrwert empfunden werden. Der Verfahrensbeistand sorgt für in der Menge mehr und in der Qualität wertvolle Informationen aus gesicherter Quelle, von ihren Kindern. Die erhaltenen Informationen des Verfahrensbeistandes können Grundlage für gemeinsame Entscheidungen darstellen. Durch die Informationen können die Eltern ihre Sicherheit und Vertrauen zurückgewinnen, wenn auch der Prozess langsam und nur in kleinen Schritten möglich ist. Rückblickend kann sich bei den jeweiligen Elternteilen auch wieder Zufriedenheit einstellen, denn oft wird überhaupt nicht erwartet, doch noch eine gemeinsame Entscheidung treffen zu können.
Wenn ein Teil der Eltern für Kompromisse nicht offen ist, müssen Richterinnen sowie Richter die Entscheidung für die Eltern treffen.